DRESDNER PALAIS-GESPRÄCHE

November/Dezember 2005 – VDE dialog, Nr. 6, 2005, S. 10

Zu: 15. Dresdner Palais-Gespräch „Hochtechnologiemedizin im Spannungsfeld zwischen Ökonomie, Politik, Recht und Ethik“

Gesundheitsmarkt als Konjunkturmotor?
Zu Expertenreferaten und Diskussionsrunden zur Hochtechnologiemedizin und zu einem Symposium zur Molekularen Bildgebung hatte die DGBMT im VDE zum 15. Dresdener Palais-Gespräch eingeladen.

Wenn es nach dem russischen Wirtschaftswissenschaftler Nikolai Dmitrijewitsch Kondratjew (1892 – 1938) geht, stehen der Medizin und verwandten Gesundheitszweigen goldene Zeiten bevor. Davon jedenfalls ist Leo A. Nefiodow überzeugt. Der angesehene Vordenker der lnformationsgesellschaft und Technologieberater mehrerer Regierungen hat den „6. Kondratjew“ auf der Basis von Kondratjews Theorie der langen Konjunkturwellen voraus gesagt: Ein vorrangiger Kandidat: Die „psycho-soziale Gesundheit“.„Ziel unseres Gesprächs ist es, die Auswirkungen der Hochtechnologie auf die Gesellschaft und Risiken und Grenzen zu untersuchen“, sagte Dr. Wolfgang Niederlag, Sprecher des DGBMT-Fachausschusses Telemedizin im VDE. Die Medizin bleibt ein Innovationsmotor mit immer stärkerer konjunktureller Wirkung. Mikro- und Nanomedizin etwa sind Herausforderungen und Chancen für die Medizintechnik des 21. Jahrhunderts, ist Prof. Dr. med. Thomas Schmitz-Rode von der R W H Aachen überzeugt. Sprengt die Hochtechnologiemedizin die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme? Dr. med. Ellis Huber, Berlin: Gebraucht werden eine systematische Teilung der Verantwortung und Gemeinwesenorientierung. Statt „Management des gegenseitigen Misstrauens ist künftig ein gemeinsam verantwortetes Versorgungsmanagement notwendig.“ Prof. Schmitz-Rode forderte, dass ,,medizinisch sinnvolle Entwicklungen bezahlbar und für alle verfügbar sein sollten.“ Und Prof. Dr.-lng. Heinz U. Lemke von der TU Berlin teilte mit anderen den Standpunkt, dass teure Neuentwicklungen – wie andere technische Entwicklungen – zunächst nur Eliten, schnell aber auch der Allgemeinheit zur Verfügung“ stehen werden.Einen Widerspruch zwischen Hochtechnologiemedizin und ,,menschlicher“ Medizin verneinte Prof. Dr. med. Dietrich H. W. Grönemeyer, Entwickler mikroinvasiver chirurgischer Methoden und „Weltbürger des Jahres 2003″. Entscheidend bleibe die Frage: Was braucht der Patient?

Hochtechnologiemedizin und alternative Medizin werden sich in einer ganzheitlichen Medizin, die künftig nicht mehr in erster Linie Krankheiten behandelt sondern Gesundheit erhält, gegenseitig unterstützen. Der Theologe Dr. Arne Manzeschke sprach sich dafür aus, dass ein ,,Nationaler Ethikrat Berufsethos und Verantwortung auch in komplexen medizintechnischen Systemen – ähnlich wie bei Ingenieuren – fixieren sollte.“